Rund 14.500 Tankstellen gibt es aktuell in Deutschland. In den 1980er-Jahren waren es noch knapp 20.000, in den 1970er-Jahren sogar über 46.000.1 Der Trend ist eindeutig, die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Tankstellen der Bauart, wie wir sie seit Jahrzehnten kennen, werden in Zukunft kaum noch eine Rolle spielen. Lade- statt Zapfsäule lautet das Credo, jetzt umsteigen ist die Empfehlung – aber mit Köpfchen.
Bereits 2019 stand in einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zu lesen:
„Das Erdölzeitalter scheint an seine Grenzen zu stoßen“.
Heute, zwei Jahre später, ist aus dem Konjunktiv ein Indikativ geworden. Die Mobilität der Zukunft wird von Faktoren wie der wachsenden öffentlichen und politischen Bedeutung des Klimaschutzes, steuerlichen Vorteilen, Richtlinien zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes auf EU-Ebene und nicht zuletzt dem wachsenden E-Mobilitätsmarkt selbst weiter vorangetrieben. Bis Ende des Jahres soll die Marke von einer Million zugelassener rein batterieelektrischer Fahrzeuge in Europa erreicht oder sogar überschritten werden. Das alles führt zu einer Conclusio für Tankstellenbetreibende: Die Nachfrage nach flächendeckender Ladeinfrastruktur wird künftig so groß sein, dass dieser Bedarf auch von bestehenden Tankstellen abgedeckt werden muss.
Verschiedene Szenarien mit einer Kernaussage
„Die Zukunft der Tankstellen wird so vielfältig wie die mobile Gesellschaft selbst“, ist im Mobilityreport 2022 des Zukunftsinstituts zu lesen. Der Mobilityreport skizziert vier verschiedene Szenarien hinsichtlich dieser Zukunft. In einem Szenario wird die Tankstelle 2.0, die sich am Stadtrand oder in ländlichen Gebieten befindet, nur vereinzelt Ladestationen anbieten. Verbrenner und innovative Antriebstechnologien werden noch längere Zeit parallel existieren, bis der Übergang zur vollständigen Elektrifizierung vollzogen ist. In einem anderen Szenario werden Tankstellen zu sogenannten Mobility Hubs. Als Knotenpunkte und Mobilitätszentren mit hoher Kundenfrequenz bündeln sie verschiedene Mobilitätsangebote. Der E-Autofahrer erwartet neben einem Lade- ein umfassendes Zusatzangebot, das er während des Ladevorgangs nutzen kann – von frisch zubereiteten Speisen über Lebensmittel bis hin zum Paket-Pick-up-Shop. Die Zeit des Ladens wird effektiv genutzt.
Chancen für Tankstellenbetreibende
Was aber sind die Chancen für Tankstellenbetreiber? Allen voran die Möglichkeit, das eigene Unternehmen nachhaltig, modern und visionär zu positionieren. Außerdem eröffnen Angebote, die Synergien zu den bestehenden drei Bereichen Shop und Bistro, Tanken und Laden oder Automobilservices aufweisen, Tankstellenbetreibern große Chancen. Besonderheiten der Tankstellen wie flexible Öffnungszeiten oder Personal vor Ort wirken sich in diesem Zusammenhang überdies positiv aus. Tankstellen haben die Möglichkeit, ihre drei großen Stärken am Point of Sale auszuspielen: die Standorte und die etablierten Marken mit hoher Sichtbarkeit. Nicht zuletzt auch den Kundenstamm, der durch bisherige Produkte und Services für Flotten, etwa Tankkarten, groß ist und an den sehr gut angeknüpft werden kann, zum Beispiel hinsichtlich Ladekarten als Erweiterung des eigenen Produktportfolios.
Welche Herausforderungen gibt es?
Neben Chancen müssen sich Tankstellenbetreibende aber auch Herausforderungen stellen, die beim Ein- bzw. Umstieg in die E-Mobilität bedacht werden sollten:
- Eine durchdachte Rollout-Strategie ist wichtig. Auch die Investitionen in die Infrastruktur anhand des aktuellen Bedarfs und abnehmenden Technologiepreisniveaus müssen geplant werden.
- Die Infrastruktur muss im kleinen wie auch großen Maßstab gewinnbringend und kosteneffizient betrieben werden können.
- Die limitierte Verfügbarkeit der Energienetze beachten und frühzeitig mit Energieversorgungsunternehmen in Kontakt treten.
- Eine sinnvolle IT-Systemintegration bedenken
- Auf die Kompatibilität von Hardware und Software achten. Mit der Software be.ENERGISED bietet die has·to·be gmbh alle Funktionen für ein effizientes, (internationales) und großflächiges Infrastrukturmanagement, wie es Tankstellen benötigen – von automatischen Abrechnungsprozessen über die Kompatibilität mit Drittsystemen bis hin zur flexiblen Anpassung an alle bestehenden Ladestationsmodelle.
- Last but not least: Wissen und Expertise im Bereich E-Mobilität aufbauen. Hilfreich kann dabei auch externes Know-how sein. Denkbar ist auch ein Schritt-für-Schritt-Einstieg mit Testläufen, bevor das gesamte Tankstellennetz umstrukturiert wird.
Fest steht: Die Zukunft der Mobilität ist da. Eine Erweiterung des Geschäftsmodells von Tankstellen ist nicht nur „Nice-to-have“, sondern eine elementare Fortbestandssicherung des gesamten Tankstellennetzes.