Tanken in einer elektrischen Welt: Zeit, das Tankstellenmodell zu überdenken

E-Alltag |

Adieu, Tankstellenmodell

Veränderung ist unvermeidlich. Die Technik macht unser Leben immer einfacher, bequemer und – auch wenn die Meinungen hier auseinander gehen mögen - besser. Sie erinnern sich bestimmt noch daran ans Festnetztelefon gefesselt zu sein, als man auf einen wichtigen Anruf wartete, oder daran, Steuererklärungen mit Stift und Papier zu erledigen. Auch beim Besuch eines Schallplattenladens erfasst den ein oder anderen bestimmt eine gewisse Nostalgie. Doch eine Sache, auf die sich viele von uns täglich verlassen, und die sich seit ihrer Erfindung vor über hundert Jahren nicht großartig verändert hat, ist das Automobil.

Seit den Anfängen der motorisierten Fortbewegung wird das Auto vom Verbrennungsmotor angetrieben, einem Gerät, das dem Industriezeitalter entspringt. Während sich Kommunikations- und Informationstechnologien längst an die heutige Welt angepasst haben, entwickelte sich das „moderne" Auto nur langsam weiter. Bis jetzt. Denn Elektrofahrzeuge sind auf dem besten Wege das neue Normal des 21. Jahrhunderts zu werden - und den Transport für immer zu revolutionieren. Doch eine Verhaltensweise ist noch eingeprägter als unsere jahrhundertealte Sucht nach fossilen Brennstoffen: die Fahrt zur Tankstelle.

Workplace charging

Mit der wachsenden Akzeptanz und Ausbreitung von Elektroautos sollte das Tankstellenmodell längst zum Relikt vergangener Zeiten werden. Allerdings hält die andauernde Medienpräsenz zum Thema „Wir brauchen Schnellladestationen an jeder Ecke” stark dagegen. Viele Experten sind nämlich überzeugt, dass E-Fahrer massenhaft mit ihrem Fahrzeug liegen bleiben werden, wenn es nicht an jeder Straße und Autobahnauffahrt Schnelllademöglichkeiten geben wird. Doch jeder E-Fahrer (und dazu gehöre auch ich seit 2011) wird Ihnen sagen, dass das nicht der Fall ist und sein wird. Höchste Zeit, die Dinge klar zu stellen.

Schnelles Laden hat seinen Platz im Ökosystem der E-Fahrzeuge - zum Beispiel, wenn Sie einen Roadtrip unternehmen, ein Depot mit elektrischen Lieferwagen verwalten oder für Langstreckenfahrten, wie es für viele (sich schnell elektrifizierende) Flotten relevant ist. Doch für das tägliche Fahren ist es selten kosteneffektiv und meistens unnötig. Eine kürzlich durchgeführte Analyse von Consumer Reports ergab, dass der durchschnittliche Fahrer eines Elektroautos nur sechsmal im Jahr eine öffentliche Schnellladestation aufsuchen muss. Zum Vergleich: Ein Fahrer eines Verbrenners muss etwa 50 Mal im Jahr tanken, mit einer durchschnittlichen Verweildauer an der Tankstelle von 5 bis 10 Minuten pro Stopp.

Wie laden die meisten E-Fahrer ihr Fahrzeug also auf? Ganz einfach: Wenn sie parken! Der typische PKW ist nämlich etwa 95% der Zeit geparkt (in der Regel zu Hause oder bei der Arbeit). Somit wäre es unglaublich ineffizient, aktiv herumzufahren und eine Schnellladestation zu suchen, bei der das Aufladen aktuell noch länger dauert als das klassische Tanken mit fossilem Kraftstoff. Wegen der höheren Infrastruktur- und Stromkosten ist DC-Schnellladen für den Durchschnittsfahrer auch nicht sehr wirtschaftlich. Heutige E-Fahrer, die meistens AC-Ladestationen nutzen, sparen 60% Kraftstoff im Vergleich zu ihren Verbrenner-Fahrern. Dieser Vorteil würde größtenteils zunichte gemacht werden, würden sie sich auf öffentliche Schnellladestationen für das routinemäßige Tanken verlassen.

Home charging

Elektroautos sind vom traditionellen Verbrenner so weit entfernt wie iPhones vom alten Festnetzanschluss. Tatsächlich haben E-Autos mit ihrem Smartphone mehr gemeinsam, als Sie vielleicht denken: Denn aufgrund ihrer Vernetzung und Anbindung an ein übergreifendes Netzwerk kommen Sie in den Genuss vieler praktischer Funktionen. Die ChargePoint App macht das Leben von E-Fahrern leichter, da diese bequem von unterwegs aus Ladestationen finden und sich sogar in die Warteliste eintragen können, falls eine Station gerade belegt ist. Hinzu kommen fahrzeuginterne Integrationen mit Apple CarPlay, Android Auto und bestimmten Infotainment-Systemen, die das Aufladen per Knopfdruck ermöglichen.

Die Interoperabilität von ChargePoint mit anderen Netzwerken ist mit dem Roaming Ihres Smartphones vergleichbar - es ist bequem und nahtlos, und in den seltenen Momenten, in denen Sie eine Schnellladestation benötigen, werden Sie wahrscheinlich in nächster Nähe fündig. Doch die meiste Zeit können Sie sich entspannt zurücklehnen, denn Ihr Elektroauto ist vollgeladen und einsatzbereit, wenn Sie es brauchen.

Fazit: Entgegen der landläufigen Meinung ist der Zeitbedarf für das Laden von Elektrofahrzeugen für die meisten Fahrer deutlich geringer, als die Zeit, die für das traditionelle Tanken aufgewandt wird.

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