Da Elektrofahrzeuge im Verkehrssektor immer mehr an Boden gewinnen, hat die EU vor Kurzem eine neue Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) auf den Weg gebracht. Diese soll den Aufbau einer robusten Ladeinfrastruktur sicherstellen. In diesem Artikel gehen wir auf acht brennende Fragen im Zusammenhang mit AFIR ein und geben Ihnen wertvolle Einblicke von Policy-Experten. Gemeinsam schauen wir uns die wichtigsten Punkte der AFIR-Verordnung an, die die Zukunft der E-Mobilität in Europa mitbestimmen – angefangen bei den vorgeschlagenen Anforderungen an Schnellladestationen entlang EU-Autobahnen bis hin zu den Folgen für kleinere Marktteilnehmer und dem möglichen Anstieg des Strombedarfs. Legen wir los!
- Welche Anforderungen für Schnellladestationen entlang der Hauptverkehrsstrecken in der EU werden für Pkw und Transporter bis 2025 und bis 2030 vorgeschlagen?
In jede Fahrtrichtung müssen Ladestationen in einem Abstand von höchstens 60 km aufgestellt werden. Bis 2025 soll eine beachtliche Leistungsabgabe von mindestens 400 kW bereitgestellt werden, wobei an einer Ladestation eine individuelle Leistungsabgabe von mindestens 150 kW möglich sein muss. Bis 2027 sollen eine Leistungsabgabe von mindestens 600 kW und zwei Ladestationen mit einer individuellen Leistungsabgabe von mindestens 150 kW bereitgestellt werden.
Auf längere Sicht wurde das Ziel gesetzt, bis 2030 und 2035 für größere und längere Streckenabschnitte in der EU eine Leistungsabgabe von 300 kW bzw. 600 kW zur Verfügung zu stellen. Bis 2030 muss an einer Ladestation mindestens 150 kW geliefert werden können, und bis 2035 soll eine weitere Ladestation mit einer Mindestleistungsabgabe von 150 kW hinzukommen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Leistung der E-Infrastruktur in den folgenden zehn Jahren für alle Arten des Straßenverkehrs ausreichen wird.
- Wurden bereits Maßnahmen ergriffen, um den Zahlungsvorgang zu vereinfachen und die Interoperabilität der Ladeinfrastruktur zu fördern?
AFIR zielt darauf ab, ein neues Zeitalter des Komforts und der Interoperabilität einzuläuten. Die Maßnahmen, die im Rahmen von AFIR ergriffen wurden, werden den Zahlungsvorgang für E-Fahrer revolutionieren. Sie können dann nämlich überall mit Ihrer Bankkarte bezahlen – ohne dafür einen Vertrag mit einem bestehenden E-Mobilitätsanbieter abschließen zu müssen.
- Wie tragen die Anforderungen an Ladestationsbetreiber und E-Mobilitätsanbieter dazu bei, die E-Mobilitätsbranche voranzutreiben?
Die Anforderungen sorgen auch auf Langstrecken für ein entspanntes Fahrerlebnis und geben transparente Auskunft über die Ladekosten, noch bevor die Fahrt beginnt.
- Umfasst die Verordnung Bestimmungen in Bezug auf den möglichen Anstieg des Strombedarfs und die Anforderungen an die Kapazität des Versorgungsnetzes, die aus der großflächigen Nutzung von Elektrofahrzeugen resultieren?
Nein, tut sie nicht. Die AFIR-Verordnung befasst sich nicht direkt mit dem möglichen Anstieg des Strombedarfs und den Anforderungen an die Kapazität des Versorgungsnetzes, die aus der großflächigen Nutzung von Elektrofahrzeugen resultieren. Allerdings soll sich eine andere Gesetzesvorlage, die unter dem Namen „Electricity Market Design“ bekannt ist und derzeit noch von politischen Entscheidungsträgern verhandelt wird, in Zukunft diesen Herausforderungen widmen. Ziel ist es, bis Ende des Jahres eine Übereinkunft über die endgültige Fassung zu treffen.
- Wird die AFIR-Verordnung die Verbreitung von E-Ladestationen in Europa verlangsamen, da dies strengere Gesetze für kleine Marktteilnehmer nach sich ziehen könnte?
Durch AFIR mag eine strengere Gesetzgebung in Kraft treten. Dennoch soll mehr Wert auf Qualität statt auf Quantität gelegt werden, um die Verbreitung von E-Ladestationen in Europa effizienter und vernetzter voranzutreiben. Anstatt kleine Marktteilnehmer auszubremsen, wird AFIR hoffentlich zu innovativen Ideen anregen und sie dazu ermutigen, ihren Teil zu einem optimierten und zentralen Ladesystem beizutragen. - Wird die Zahlung pro kWh durch AFIR als Standard festgelegt? Dadurch würde ein Tarif auf Minutenbasis unmöglich werden.
Die Zahlung pro kWh wurde durch AFIR nicht als Standard festgelegt. Diese ist jedoch eine Mindestanforderung, um Transparenz zu gewährleisten und Verbraucher zu stärken. Indem AFIR der Transparenz einer auf kWh basierenden Preisgestaltung Vorrang einräumt, haben Verbraucher noch vor dem Ladevorgang eine klare Übersicht über die Kosten. Ein Tarif auf Minutenbasis wird allerdings weiterhin möglich sein, solange auch der Preis pro kWh angezeigt wird.
- Die Zielvorgaben von 350 kW für die Autobahn scheinen für Lkw sehr niedrig zu sein. Woran liegt das?
Die Mindestschwelle von 350 kW ist ein Kompromiss, der der vielfältigen Ladeinfrastruktur in Europa entgegenkommen soll. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Länder die durch AFIR gesetzten Ziele unabhängig von ihrer Erfahrung mit dem Laden von Elektrofahrzeugen erreichen können. Durch die Einführung dieser Mindestanforderung wird die Elektrifizierung in Ländern vorangetrieben, die sich in der Vergangenheit größeren Herausforderungen gegenübersahen. Darüber hinaus entwickelt sich der Markt für schwere Nutzfahrzeuge rasant weiter, und viele Lösungen übertreffen die Schwelle von 350 kW bereits.
- Legt AFIR Anforderungen für Immobilienprojekte oder Geschäfte fest, die sich in Entwicklung befinden?
AFIR gilt für öffentliches Laden. Der Großteil der Ladevorgänge bei Immobilien zählt zum öffentlichen Laden, was im Rahmen einer anderen Direktive derzeit in der EU verhandelt wird. AFIR gilt in manchen Fällen auch für gewerbliche Immobilien, wenn es sich dabei um öffentliches Laden handelt. Letztendlich kommt es darauf an, wie öffentliches und privates Laden in den jeweiligen Ländern definiert werden.
Möchten Sie weitere Einblicke in AFIR und die Folgen für die Elektrifizierung Europas erhalten? Sehen Sie sich unten unser Experten-Panel „Die Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR)“ an, wenn Sie sich eingehender mit dem Thema beschäftigen möchten. In diesem Video stellen Policy-Experten die neue AFIR-Verordnung vor und gehen auf die hier besprochenen Fragen und vieles mehr ein.